Anfang September beantragte die Ehefrau beim Bezirksgericht die Bewilligung der gesonderten Wohnungsnahme. Mitte September lernte sie einen anderen Mann kennen, mit dem sie ab Dezember Geschlechtsverkehr hatte. Mit ihrem Ehemann hatte sie noch bis Ende September sexuelle Kontakte.
Während der Kontakte zu ihrem Geliebten, lebte die Frau allein in einer eigenen Wohnung, pflegte keinen eheüblichen Kontakt mit ihrem Mann und trug keinen Ehering.
Ende Dezember gestand sie ihrem Geliebten, dass sie verheiratet ist. Der Ehemann hatte am 15. Dezember einen Detektiv beauftragt, wollte aber erst nach Vorliegen des Detektivberichts, am 30. Dezember, die Ehe nicht mehr fortsetzen. Die Ehe wurde am 13. Jänner einvernehmlich geschieden.
Unklar blieb, ob der Geliebte während der Observierung wusste, dass die Frau verheiratet war. Der Ehemann klagte den Geliebten seiner Frau auf Ersatz der Detektivkosten.
Das Erstgericht wies die Klage ab, da dem Geliebten kein Verschulden vorzuwerfen sei. Er habe nämlich nicht gewusst, dass er eine Beziehung zu einer verheirateten Frau eingeht.
Vor dem Berufungsgericht blitzte der Mann ebenfalls ab.
Der Oberste Gerichtshof hatte dann noch zu klären:
Hätte der Geliebte nachforschen müssen, ob die Frau verheiratet ist?
Das Höchstgericht verneinte eine Nachforschungspflicht, da es weder der gesellschaftlichen Realität noch der Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen entspricht, vor engeren „freundschaftlichen“ Kontakten mit einer verheirateten Person nachzufragen, ob diese Kontakte aufgrund der konkreten Gestaltung des ehelichen Verhältnisses möglicherweise als ehewidrig anzusehen sein könnten. Die Verantwortung für die Beurteilung dieser Frage treffe grundsätzlich nur jenen Ehegatten, der diese Kontakte aufnehme. Er müsse wissen, was er seinem Partner zumuten könne und habe hierfür auf scheidungs- und schadenersatzrechtlicher Ebene einzustehen. Eine Haftung des Dritten sei auf dieser Grundlage weder angemessen noch notwendig.
Ebenso ist es primär die Pflicht des Verheirateten, ehestörende oder ehebrecherische Verhältnisse hintanzuhalten. Die Freiheit der Menschen, ihre Beziehungen zueinander zu gestalten, wäre übermäßig eingeschränkt, wollte man jedem, der sich einer anderen Person partnerschaftlich annähern und allenfalls in intimen Kontakt mit ihr treten will, Erkundigungspflichten über ihren Familienstand abverlangen.
Ob bei deutlichen Indizien dafür, dass der andere verheiratet ist, den Dritten eine solche Nachforschungspflicht trifft, ließ der OGH offen, weil im vorliegenden Fall eben keine deutlichen Indizien vorlagen.
(OGH 2 Ob 111/10b = EF-Z 201 , 235 = iFamZ 2010,334=ZAK 2010,357)
Wien, am 26. Jänner 2015
Dr. Ingrid Bläumauer