Eine Frage, die sich bei jeder Trennung oder Scheidung von Eltern stellt ist:
Wieviel Unterhalt muss ich für mein Kind bezahlen?
Aus Sicht des anderen Partners: Wieviel Geld habe ich für mein Kind zur Verfügung?
Gerade im Kindesunterhalt gab es in den letzten Jahren immer wieder Neuerungen und Änderungen der Rechtsprechung. Derzeit aktuelles Thema ist, dass die Kinderkostenanalyse 2021 zu höheren Regelbedarf- bzw. Durchschnittsbedarfsätzen führt.
Wer muss Unterhalt bezahlen?
Der Unterhaltsanspruch richtet sich gegen beide Eltern. Derjenige Elternteil, der das Kind pflegt und betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. „Betreuung“ bedeutet in diesem Zusammenhang Versorgung im eigenen Haushalt, also etwa Gewährung von Unterkunft, Beaufsichtigung, Erziehung, elterliche Zuwendung, Körperpflege, Nahrungszubereitung, Reinigung und Instandhaltung von Kleidung sowie Pflege im Krankheitsfall.
Auch bei teilweiser außerhäuslicher Betreuung (Krabbelstube, Kindergarten, Internat), ändert sich daran nichts, sofern der Elternteil seine Betreuungsleistungen wenigstens zu bestimmten Restzeiten regelmäßig erbringt.
Jener Elternteil, der das Kind nicht betreut, muss einen Unterhaltsbeitrag in Geld leisten.
Wie hoch ist der Unterhalt?
Jedes Kind hat Anspruch auf angemessenen Unterhalt. Was angemessen ist richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Eltern und der Persönlichkeitsstruktur des Kindes (z.B. Alter, Anlagen, Fähigkeiten). Es soll einerseits am Lebensstil der Unterhaltspflichtigen entsprechend teilhaben, andererseits sollen seinen Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten nach besten Kräften gefördert werden.
Bemessungsgrundlage ist das gesamte Einkommen, also Sonderzahlungen inklusive.
Zur Bemessung der Unterhaltshöhe ist bei unselbstständig Erwerbstätigen das Jahresnettoeinkommen inklusive Sonderzahlungen heranzuziehen. In die Unterhaltsbemessungsgrundlage fließen also: Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Entgelt für Überstunden, Zulagen, die nicht als Ersatz für konkrete Auslagen dienen, ein.
Bei selbstständig Erwerbstätigen ist Unterhaltsbemessungsgrundlage der bilanzmäßige Unternehmensgewinn der letzten drei Jahre. Sind aber die Privatentnahmen höher als der Reingewinn, sind diese heranzuziehen.
Unterhaltsbemessung mit der Prozentsatzmethode:
Steht die Bemessungsgrundlage fest, kann mit Hilfe der Prozentsatzmethode die Unterhaltshöhe ermittelt werden. Die anzuwendenden Prozentsätze sind dabei je nach Alter des Kindes abgestuft. Der Unterhalt beträgt bei
– Kindern unter 6 Jahren 16% der Bemessungsgrundlage
– Kindern zwischen 6 und 10 Jahren 18% der Bemessungsgrundlage
– Kindern zwischen 10 und 15 Jahren 20% der Bemessungsgrundlage
– Kindern über 15 Jahren 22% der Bemessungsgrundlage
Hat der Unterhaltspflichtige für mehrere Personen Unterhalt zu zahlen, wird dies durch entsprechende Abzüge von den Prozentsätzen berücksichtigt.
Die Abzüge betragen
– für jedes weitere Kind unter 10 Jahren 1 %
– für jedes weitere Kind über 10 Jahren 2 %
– für die Ehefrau (je nach Eigeneinkommen) 0-3%
Überdurchschnittliche Betreuung mindert Unterhalt
Die Unterhaltsbemessung nach der Prozentsatzmethode geht davon aus, dass ein Elternteil allein das Kind betreut, während der andere seinen Beitrag zur Gänze in Geld leistet. Eingepreist ist ein Kontaktrecht des Unterhaltspflichtigen an jedem zweiten Wochenende und vier Wochen Ferien.
Erbringen jedoch beide Elternteile überdurchschnittliche Betreuungsleistungen, wirkt sich dies auf die Höhe des Geldunterhalts aus. In welchem Ausmaß ein Abzug vorzunehmen ist, kann nur anhand des Umfangs der Betreuungsleistung im Einzelfall festgestellt werden.
Durchschnittsbedarf und Playboygrenze bzw. Unterhaltsstopp
Die Prozentsatzmethode führt bei gut situierten Unterhaltspflichtigen zu sehr hohen Alimentationszahlungen. Aus pädagogischen Gründen soll der Unterhalt aber grundsätzlich ein bestimmtes Ausmaß nicht übersteigen.
Die Unterhaltshöhe ist daher bei Kindern bis 10 Jahren mit dem zweifachen des Durchschnittsbedarfs, bei Kindern über 10 Jahren mit dem zweieinhalbfachen des Durchschnittsbedarfs begrenzt (sog. „Playboygrenze“).
Die Regel- bzw. Durchschnittsbedarfsätze werden seit Jahrzehnten jährlich vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (Senat 43) veröffentlicht. Ihre Grundlage ist eine Konsumerhebung einer Durchschnittsfamilie bestehend aus 2 Erwachsenen und 2 Kindern aus dem Jahr 1964.
Die Kinderkostenanalyse 2021 führt zu neuen Regelbedarf- bzw. Durchschnittsbedarfsätzen
Nunmehr liegt eine neue Studie vor, die Kinderkostenanalyse des Sozialministeriums von 2021. Diese nahm der 43. Senat zum Anlass mit 01.01.2022 neue Regelbedarf- bzw. Durchschnittsbedarfsätze zu veröffentlichen:
Altersgruppe ab 01.01.2022
0 – 5 Jahre 290,00
6 – 9 Jahre 370,00
10 – 14 Jahre 450,00
15 – 19 Jahre 570,00
20 Jahre und älter 650,00
Wie wirken sich Familienbeihilfe und Familienbonus plus auf den Unterhalt aus?
Im Jahr 2002 entschied der Verfassungsgerichtshof, wonach die Familienbeihilfe bei der Bemessung des Unterhaltsanspruches zu berücksichtigen war. Dies führte im Ergebnis zu geringeren Unterhaltszahlungen. Ende 2019 entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Familienbeihilfe aufgrund der Einführung des Familienbonus plus nicht mehr anzurechnen ist. Das bedeutet:
Der Unterhalt ist nicht mehr zur kürzen, der Familienbonus plus soll nach der Trennung grundsätzlich je zur Hälfte beantragt werden.
Wann können Sie Unterhaltszahlungen ändern?
Wenn sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Umstände wesentlich ändern, können Sie die Erhöhung oder Herabsetzung des Unterhalts beantragen. Beispiele für relevante Umstandsänderungen sind Alter des Kindes, Änderungen des Einkommens des Unterhaltspflichtigen von mindestens 10%, Eigeneinkommen des Kindes (z.B. Lehrlingsentschädigung). Änderungen des Betreuungsmodells, Hinzutreten bzw. Wegfall weiterer Unterhaltspflichten. Letzteres ist gegeben, wenn der Unterhaltspflichtige wieder heiratet und für seine Ehefrau Unterhalt bezahlen muss und / oder ein weiteres Kind bekommt.
Wie lange müssen Sie Unterhalt zahlen?
Die Unterhaltspflicht endet nicht mit Erreichen des 18. oder 27. Lebensjahres ihres Kindes. Dies ist ein leider weit verbreiteter Irrglaube. Die Unterhaltspflicht endet – unabhängig vom Alter – mit Selbsterhaltungsfähigkeit. Diese ist gegeben, wenn ihr Kind seine Bedürfnisse durch eigenes Einkommen befriedigen kann.
Wenn und solange das Kind eine Ausbildung (z.B. Studium) eifrig und zielstrebig verfolgt, hat es Anspruch auf Unterhalt.
Was müssen Sie tun, wenn Sie weniger oder keinen Unterhalt mehr zahlen wollen?
Es kommt immer wieder vor, dass der Unterhaltspflichtige nicht darüber Bescheid weiß, ob das unterhaltsberechtigte Kind seine Ausbildung zielstrebig verfolgt, ob es überhaupt eine Ausbildung macht oder diese abgeschlossen hat. Wenn sämtliche Aufforderungen diesbezüglich Nachweise zu erbringen ignoriert werden, hilft nur ein Antrag auf Feststellung des Erlöschens der Unterhaltspflicht.
Das könnte Sie auch interessieren:
– Keine Alimente für Bummelstudenten (29.05.2015)
– Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes (25.06.2015)
– Mag. Dr. Susi Super LLM (xy) 20.10.2015
– Warum Sie Unterhalt pünktlich überweisen sollten (03.02.2017)
– Unterhalt für ausbildungs- und arbeitsunwillige Kinder (01.06.2017)
– Unterhalt Volljähriger (29.01.2021)
– Kreditraten statt Unterhalt für Kinder – no deal! (16.04.2021)
Wenn Sie Fragen haben oder meine Unterstützung brauchen, bin ich gerne persönlich für Sie da. Vereinbaren Sie Ihren Termin für ein Beratungsgespräch.