Im Folgenden können Sie auszugsweise das von der Anwaltsplattform Finditoo durchgeführte Interview von Frau Dr. Ingrid Bläumauer über kooperatives Verhandeln nach der CL-Methode nachlesen:
Gerichtsverhandlungen können nicht nur teuer werden, sondern auch belastend für die strittigen Parteien. In Österreich hat die Methode der Mediation bereits Anklang gefunden und wird besonders in familienrechtlichen Angelegenheiten gerne genutzt. Vor ein paar Jahren hat es auch das sogenannte Collaborative Law in das Land der Berge geschafft. Was sich dahinter verbirgt und wie es Ihnen bei Verhandlungen und Streitfällen helfen kann, erfahren Sie im folgenden Interview:
anwaltfinden.at: Wie kam es dazu, dass Sie sich entschieden haben, CL-Lawyer zu werden?
Dr. Bläumauer: Zum Collaborative Law bin ich über einen Mandanten gekommen, der nach einem gescheiterten CL-Verfahren zu mir gekommen ist. Trotz des Scheiterns des Verfahrens war er unglaublich begeistert davon. Das hat mich neugierig gemacht. Daraufhin habe ich recherchiert wo die nächste Ausbildung stattfände. 2016 habe ich die Ausbildung zum CL-Lawyer absolviert.
anwaltfinden.at: Was ist hier der Unterschied/die Gemeinsamkeit zur Mediation?
Dr. Bläumauer: Einer der größten Unterschiede ist, dass der Mediator im Prozess der Mediation keine Rechtsberatung geben darf. Das bedeutet, dass, falls Rechtsfragen auftauchen sollten, ein weiterer Anwalt hinzugezogen werden muss, um die Beratung durchzuführen. Beim CL-Verfahren darf ich als Anwältin meinem Klienten eine direkte Rechtsberatung geben und muss keine weitere Instanz in den Fall miteinschließen.
anwaltfinden.at: Beim CL-Verfahren arbeitet jeder Anwalt für seinen Mandanten, aber man versucht gemeinsam eine Lösung zu finden. Nun stellt sich die Frage, besteht die Problematik, dass sich der Anwalt zu stark auf seinen eigenen Mandanten fokussiert?
Dr. Bläumauer: Nein, denn der Anwalt soll immer ein Ratgeber sein. Die Interessen müssen abgewogen und besprochen werden. Man muss natürlich auch abwägen, ob eine vernünftige Lösung in einer solchen Konstellation möglich ist. Wenn jemand nur stur die eigenen Interessen durchsetzen will, dann empfehle ich einen Gerichtsprozess. Eine gewisse Kompromissbereitschaft muss von vornherein gegeben sein – auch bei den einzelnen Parteien.
anwaltfinden.at: Wie kann man sich den Ablauf des CL-Verfahrens vorstellen?
Dr. Bläumauer: Wie bei der Mediation, gibt es auch hier ein Mehr-Phasen-Modell. Zu Beginn legt man die Themen fest und gestaltet ein Programm für die kommenden Sitzungen. Man bespricht, welche Punkte man behandeln möchte. Zu Beginn eines CL-Verfahrens wird den Konfliktpartnern auch die CL-Methode und die Arbeitsweise nochmals erklärt und gegebenenfalls auch Gesprächsregeln vereinbart. Wir bilden hier einen Rahmen, in dem wir in den darauffolgenden Wochen gut arbeiten können. In den einzelnen Sitzungen werden dann gemeinsam die festgelegten Themenbereiche behandelt. Dabei legen die Parteien ihre Standpunkte, Sichtweisen und Intentionen dar. Die Anwälte haben in dieser Phase unterstützende Funktion, indem sie bspw. Fragen stellen und die Ausführungen des eigenen Mandanten ergänzen, sodass dessen Standpunkt verständlich dargelegt wird. Zwischen den gemeinsamen Sitzungen gibt es auch immer wieder Beratungsgespräche mit dem eigenen Anwalt. Erzielen die Konfliktparteien eine Einigung, wird von den CL-Anwälten eine Vereinbarung bzw. ein Scheidungsvergleich ausgearbeitet, mit den Parteien abgestimmt und im Falle einer einvernehmlichen Scheidung auch die gerichtliche Abwicklung organisiert.
anwaltfinden.at: Was für Vorteile birgt die CL-Methode?
Dr. Bläumauer: Durch die CL-Methode haben Sie geschulte Anwälte, die im Bereich der Konfliktbereinigung eigene Ausbildungen absolviert haben. Viele Anwälte im CL-Bereich sind auch eingetragene Mediatoren, was bedeutet, dass die meisten Anwälte eine Doppelqualifikation besitzen, von der die Mandanten enorm profitieren.
Der CL-Anwalt, der Sie begleitet, führt mit Ihnen neben den Sitzungen auch Einzelbesprechungen durch. Dort hat man die Möglichkeit auch rechtlich nochmal alles abzuklären. Der große Vorteil der CL-Methode ist, dass der Anwalt bei allen Besprechungen dabei ist, was eine gewisse Sicherheit vermittelt und den Weg zu einem zusätzlichen Anwalt zur Einholung einer Rechtsberatung erspart.
Bei der CL-Methode spielt auch der Zeitfaktor eine große Rolle, da die Sitzungen üblicherweise im Zwei-Wochentakt stattfinden, während man bei Gerichtsverfahren zwei Monate oder länger auf den nächsten Termin wartet.
anwaltfinden.at: Wie hilft nun der Anwalt seinem zu vertretenden Mandanten im CL?
Dr. Bläumauer: Anders als der Mediator kann der Anwalt im CL-Verfahren rechtsberatend agieren. Außerdem bekommt der Mandant mittels der Vor- und Nachbesprechungen eine intensive Vorbereitung, Reflexion und Feedback der Sitzungen. Die CL-Anwälte moderieren und steuern die Sitzungen, wodurch die Mandanten viel zu Wort kommen und effizienter einer Lösungsfindung entgegenarbeiten. Abschließend unterstützen die Anwälte und sind immer an der Seite ihrer Mandanten, um ihnen auch den Mut zu geben ihre Interessen zu vertreten. Wir haben hier eine klar unterstützende Funktion.
anwaltfinden.at: Wird sich Ihrer Meinung nach, das CL-Verfahren in Zukunft weiter durchsetzen?
Dr. Bläumauer: Das würde ich mir sehr wünschen. Ich hoffe sehr, dass es sich weiter durchsetzt und noch in seiner Bekanntheit wächst. Im englischsprachigen Raum hat das CL-Verfahren bereits eine große Beliebtheit erreicht. In Österreich hat es meiner Meinung noch keinen Anklang gefunden, weil das Wissen darüber noch nicht vorherrscht. Hier ist es erst seit Kurzem der Nutzen von Mediationen Normalität. Dass es eine andere Möglichkeit auch noch gäbe, ist der breiten Masse wenig bekannt.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
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