Als letzten Teil unserer Abschiedsszenarien möchten wir Ihnen eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs präsentieren, in der folgende Problematik erörtert wurde: Unter welchen Voraussetzungen begründen Lebensgefährten, die gemeinsam ein Haus bauen, schlüssig eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesBR)?
Die Geschichte der beiden Streitteile ist rasch erzählt:
1989 lernten sie sich kennen. ER hatte sein eigenes Unternehmen in Deutschland, SIE lebte und arbeitete in Tirol. Anfangs besuchten sie sich gegenseitig. Als 1992 das erste Kind kam, beschlossen sie, in Tirol ein Haus zu bauen, um einen gemeinsamen Wohnsitz zu schaffen. 1997 erwarb ER, das von IHR gewünschte Baugrundstück. ER plante das Haus mit einem Freund, SIE konnte aber ihre Wünsche einfließen lassen. Wenn ER am Wochenende nach Tirol kam, half er beim Hausbau mit. SIE – mittlerweile schwanger mit dem zweiten Kind – erledigte leichtere Arbeiten (Aufräumen, Balkonstreichen, Terrassen- und Gartengestaltung) und kochte gelegentlich für die Arbeiter. SIE holte Angebote für Möbel ein und führte Preisvergleiche samt Verhandlungen durch, über die Anschaffungen berieten sie sich. Die Fliesen suchten sie gemeinsam aus.
Zum Ankauf des Grundstücks, welches ca. 3 Mio S gekostet hat, steuerte SIE S 80.000,– bei. Den Rest finanziert ER allein. ER bezahlte auch sonst den weit überwiegenden Teil der anfallenden Rechnungen. SIE bezahlte kleinere Rechnungen für diverse am Bau benötigte Gegenstände von € 1.500,– und Einrichtungsgegenstände im Wert von € 3.500,–.
ER ist grundbücherlicher Alleineigentümer, SIE als Miteigentümerin ins Grundbuch einzutragen, war nie ein Gesprächsthema. Dennoch sprachen beide stets vom gemeinsamen Haus.
Nach dem Einzug, lebte SIE mit den beiden gemeinsamen Kindern im Haus, ER arbeitete weiterhin in Deutschland und kam etwa alle 10 – 14 Tage, ab 2010 häufiger, nach Tirol. SIE führte den Haushalt, betreute die Kinder, erledigte die Gartenarbeit und war halbtags in seinem Unternehmen beschäftigt. Mit ihrem Einkommen (€ 1.000,–) zahlte SIE: Essen, Telefon und Fernsehen. Für das Betanken des PKWS und Einkauf von Kleidung standen ihr seine Kreditkarten zur Verfügung. ER zahlte: Kindesunterhalt, Betriebskosten, Reparaturen und Anschaffungen für das Haus sowie die Urlaube. An den Wochenenden, an denen er in Tirol war, zahlte ER das Essen.
2011 beendeten sie ihre Lebensgemeinschaft. ER entließ SIE aus ihrem Arbeitsverhältnis und brachte – da SIE aus dem Haus nicht auszieht – Räumungsklage ein.
In den ersten beiden Instanzen (Bezirksgericht Hall in Tirol, Landesgericht Innsbruck) blitzte ER mit seinem Räumungsbegehren ab. Die Gerichte vertraten die Ansicht, dass zwischen ihm und seiner Ex-Lebensgefährtin hinsichtlich des Hauses eine GesBR vorliege.
Der Oberste Gerichtshof sah dies anders:
In Lehre und Rechtsprechung sei anerkannt, dass Ehegatten oder Lebensgefährten durch den gemeinsamen Erwerb, Errichtung oder Ausbau eines Hauses, unter bestimmten Voraussetzungen eine GesBR gründen können. Voraussetzung dafür ist, ein ausdrücklich oder schlüssig geschlossener Gesellschaftsvertrag. Verlangt wird eine Gemeinschaftsorganisation, die jedem Partner gewisse Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte verschafft. Gemeinsames Wohnen und Wirtschaften allein reicht dazu nicht. Gemeinsame Entscheidungen bei der Wahl des Baugrundstücks, der Planung des Hauses und dessen Innenausstattung könne durchaus Ausdruck einer funktionierenden Partnerschaft sein, ohne damit einen über den typischen Rahmen einer Lebens- und Familiengemeinschaft hinausgehenden Zweck zu verfolgen. Die Umsetzung des Plans, zur Wohnversorgung der Familie ein Haus zu errichten, wobei sich die Lebensgefährten in unterschiedlicher Weise finanziell und mit Arbeitsleistungen beteiligen, sei keine Organisationsabsprache mit klar begrenztem Aufgabengebiet, sondern trage den Fähigkeiten und Neigungen des jeweiligen Partners Rechnung. Auch in der Aufgabenverteilung nach Fertigstellung des Hauses sah der OGH bloß die Gestaltung der Lebensverhältnisse während aufrechter Lebensgemeinschaft. Der Umstand, dass die Begründung gemeinsamen Eigentums unterblieb, sei ein Indiz gegen die Begründung einer GesBR.
Nach Ansicht des OGH gingen die beiden ersten Instanzen zu Unrecht davon aus, dass die Streitparteien eine GesBR gegründet haben. Da SIE nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft das Haus titellos benütze, sei sein Räumungsbegehren berechtigt. Bereits zu Beginn des Verfahrens wandte SIE ein, sein Räumungsbegehren sei schikanös, da ER mit dieser Klage nur den Zweck verfolge SIE zu vernichten.
Da die Unterinstanzen den Aspekt der Schikane und die Frage, ob unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zu bezweifeln ist, dass die Streitteile eine GesBR gründen wollten, nicht ausreichend erörtert haben, hob der OGH beide Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurück an das Erstgericht. Also zurück an den Start.
(OGH , 21.11.2013, 1 Ob181/13;ecolex 2014,343=Zak 2014,72=AnwBl 2014,286).