Beispiel aus der Praxis: Die Werbeagentur des Ehemannes X lief nicht gerade rosig. Er brauchte dringend einen Kredit. Mangels ausreichender Bonität verlangte die Bank einen Bürgen. Seine hochschwangere Gattin Y stellte klar, dass sie nicht plane, nach dem Ende der Karenzzeit eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Alles reine Formsache hatte man ihr erklärt. Frau Y unterschrieb die Bürgschaftserklärung. Sie wollte ihren Mann nicht im Stich lassen. Mit der Firma ging es weiter bergab. Bald schon konnte Herr X die Kreditraten nicht mehr bezahlen. Die Bank stellte den gesamten Kredit fällig und forderte Frau Y zur Zahlung auf. Zunächst ignorierte Frau Y die Mahnungen der Bank. Ihr Verhalten änderte sich rasch, als die Bank klagte. Was tun?
Die sittenwidrige Bürgschaftserklärung:
Um einen Bürgen gänzlich von seiner Zahlungspflicht zu befreien, muss das Gericht feststellen, dass die Bürgschaftserklärung sittenwidrig und damit unwirksam ist (§ 879 ABGB). Dies ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Eingehens der Bürgschaftsverpflichtung folgende Umstände vorlagen:
- ein grobes Missverhältnis zwischen der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bürgen und der Höhe der übernommenen Haftung;
- hoffnungslose Überschuldung des Hauptschuldners und Verharmlosung des Risikos für den Bürgen;
- die Ausnützung der seelischen Zwangslage des Bürgen infolge gefühlsmäßiger Bindung an den Hauptschuldner;
- die wirtschaftliche Abhängigkeit des Bürgen vom Hauptschuldner;
- die geschäftliche Unerfahrenheit des Bürgen;
- das Fehlen eines wesentlichen wirtschaftlichen Eigeninteresses des Bürgen an dem Zustandekommen des Kreditvertrages;
- die Kenntnis oder zumindest fahrlässige Unkenntnis des Kreditgebers, dass die Entscheidungsfreiheit des Bürgen beeinträchtigt ist.
Das richterliche Mäßigungsrecht:
Ist zwar die Sittenwidrigkeit nicht gegeben, liegt aber ein Verbraucherkredit vor, wozu auch die Bürgschaft des Ehegatten für Geschäftsschulden seines Partners gehört, kann das Gericht die Haftung des Bürgen betragsmäßig reduzieren. In besonderen Fällen kann es die Schuld sogar ganz erlassen. Das Ausmaß der Minderung richtet sich nach Billigkeitserwägungen, wobei das Gericht bei seiner Entscheidung folgende Umstände zu
berücksichtigen hat (§ 25 KSchG):
- ein bestehendes Interesse des Kreditgebers an der Haftung des Bürgen;
- das Verschulden des Bürgen an jenen Umständen, die das Missverhältnis zwischen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit und der Höhe der übernommenen Haftung herbeigeführt haben;
- den Nutzen des Bürgen aus dem Kredit;
- den Leichtsinn, die Zwangslage, die Unerfahrenheit, die Gemütsaufregung und die Abhängigkeit des Bürgen vom Hauptschuldner zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Bürgschaftserklärung.
Bürgschaft und Ehescheidung:
(Dr. Ingrid Bläumauer, Wiener Zeitung am 07.05.2005)
Haben sich beide Ehegatten gegenüber der Bank zur Rückzahlung eines Kredits verpflichtet, bleibt diese Zahlungsverpflichtung auch nach Auflösung der Ehe bestehen. Die häufig anlässlich einer Scheidung getroffene Vereinbarung, dass ein Gatte den Kredit zur alleinigen Rückzahlung übernimmt, ändert daran nichts. Solche Vereinbarungen wirken nur zwischen den Ehepartnern, nicht aber gegenüber der Bank. Es besteht aber die Möglichkeit einen Antrag nach § 98 EheG zu stellen. Das Gericht spricht daraufhin aus, dass der Ehegatte, der den Kredit zur alleinigen Rückzahlung übernommen hat, künftig als Hauptschuldner, der andere Ehegatte nur noch als Ausfallsbürge haftet. In diesem Fall kann die Bank erst dann auf den Bürgen greifen, wenn die Exekution gegen den Hauptschuldner erfolglos war.
Zu beachten ist allerdings, dass die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung durch diese „Umschuldung“ nicht reduziert wird. Sie bewirkt nur, dass der Bank der Rückgriff auf den Bürgen erschwert wird. Außerdem hat die Bank die Möglichkeit eine solche Gerichtsentscheidung zu bekämpfen. Ein Antrag gemäß § 98 EheG ist bei strittigen Scheidungen innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung zu stellen. Bei einvernehmlichen Scheidungen wird dieser Antrag üblicherweise in den Scheidungsvergleich aufgenommen. Bei offenen Krediten, Schulden, gemeinsamen Bankkonten ist im Scheidungsfall dringend Beratung angesagt, sonst bleibt oft nur rückwirkende Schadensbegrenzung.
Zu beachten ist allerdings, dass die Höhe der Rückzahlungsverpflichtung durch diese „Umschuldung“ nicht reduziert wird. Sie bewirkt nur, dass der Bank der Rückgriff auf den Bürgen erschwert wird. Außerdem hat die Bank die Möglichkeit eine solche Gerichtsentscheidung zu bekämpfen. Ein Antrag gemäß § 98 EheG ist bei strittigen Scheidungen innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung zu stellen. Bei einvernehmlichen Scheidungen wird dieser Antrag üblicherweise in den Scheidungsvergleich aufgenommen. Bei offenen Krediten, Schulden, gemeinsamen Bankkonten ist im Scheidungsfall dringend Beratung angesagt, sonst bleibt oft nur rückwirkende Schadensbegrenzung.