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Wenn eine Scheidung oder Trennung bevorsteht, wird so mancher von seinem künftigen Ex-Partner regelrecht bespitzelt. Dies hauptsächlich, um Beweise für ein Gerichtsverfahren zu sammeln oder einfach nur um sich selbst Gewissheit zu verschaffen.

 

Gelegentlich wird hierbei maßlos übertrieben.

Eine Frau teilte ihrem Mann mit, dass sie sich trennen möchte. Seither fühlt sie sich verfolgt und beobachtet. Denn der Mann wusste Dinge aus ihrem Leben, die sie weder diesem, noch anderen Personen erzählt hatte. Nach ein paar Wochen entdeckte sie im ehelichen Haus zufällig eine Videokamera und fand in der Tasche ihres Mannes Fotoausdrucke ihrer Smartphone Dateien mit Kontaktdaten und Anruflisten sowie eine Rechnung über zwei Überwachungskameras. Alarmiert durch diesen Fund durchsuchte sie auch ihren PKW und fand im Kofferraum einen Peilsender. Ein paar Tage später auch einen Voice-Recorder.

 

Muss man sich gefallen lassen, dass man abgehört oder ausspioniert wird?

Die Frau erlitt durch Überwachungsmaßnahmen Panikattacken und Schlafstörungen, fühlt sich ständig unsicher und fürchtet sich.

Die Frau ging zur Polizei. Diese sprach gegenüber dem Mann ein Betretungsverbot für das eheliche Wohnhaus und ein Annäherungsverbot aus. Im anschließenden Gerichtsverfahren wurde dem Mann verboten sich im ehelichen Haus und der unmittelbaren Umgebung aufzuhalten, mit der Frau in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen und sie zu verfolgen (7 Ob 38/23y).

 

Was setzt eine Wegweisung wegen „Psychoterror“ voraus?

Die Überwachungsmaßnahmen müssen dem anderen Partner ein Zusammenleben mit dem Überwacher unzumutbar machen. Dies wird nach subjektiven Kriterien geprüft. Es kommt also nicht darauf an, wie ein Durchschnittsmensch dieses Verhalten empfunden hätte. Maßgeblich ist die Wirkung des Verhaltens auf die Psyche des Beobachteten.

 

Geschützte Privatsphäre – höchstpersönlicher Lebensbereich

Der höchstpersönliche Lebensbereich stellt den Kernbereich der geschützten Privatsphäre dar. Er umfasst jedenfalls die Gesundheitssphäre, das Sexualleben und das Leben in und mit der Familie. Bei einem Eingriff in den höchstpersönlichen Lebensbereich gibt es in der Regel keine rechtfertigende Interessenabwägung.

 

Beweismittelbeschaffung für das Scheidungsverfahren als Rechtfertigung?

Schwerwiegende Vertrauensbrüche und unerträgliche Eingriffe in die Privatsphäre eines Ehegatten sind auch im Rahmen eines anhängigen Scheidungsverfahrens keinesfalls zu tolerieren. Sie machen das weitere Zusammenleben unzumutbar (OGH 1 OB 151/17g, 7 Ob 38/23y). Wie bereits oben ausgeführt, geht der Einwand der Beweismittelbeschaffung für das Scheidungsverfahren bei Eingriffen in den höchstpersönlichen Lebensbereich ins Leere.

 

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