Zum Valentinstag widmen wir uns einer Frage, die ein scheidungsrechtlicher Dauerbrenner ist.
Dazu ein aktueller Beispielsfall:
Ein Ehepaar lebte jahrelang harmonisch zusammen. Die Frau kümmerte sich um Haushalt und Kinder, der Mann war Alleinverdiener und beruflich stark gefordert. Er wurde depressiv und unternahm mehrere Selbstmordversuche. Er zog aus der gemeinsamen Wohnung aus, weil er sich davon eine Stabilisierung seines Gesundheitszustandes erhoffte. Dies teilte er der Frau erst unmittelbar vor dem Auszug mit. Die Frau dachte, es handle sich bloß um eine vorübergehende Trennung.
Die Ehepartner pflegten einen familiären Umgangston und feierten familiäre Anlässe gemeinsam. Als der Mann nach einem halben Jahr noch immer keine Anstalten machte, wieder zu Hause einzuziehen, fragte ihn die Frau mehrmals, ob er wieder zu ihr zurückkommen möchte. Der Mann wollte nicht.
Als die Frau ihn fragte, ob sie einen Freund habe könne, war der Mann dagegen.
Mehr als zwei Jahre später dachte die Frau, dass ihre Ehe nicht mehr zu retten sei. Sie machte kein Hehl daraus, dass sie an einer neuen Beziehung interessiert sei. Sie lernte tatsächlich einen Mann kennen, mit dem sie sich zunächst ein bis zwei Mal im Monat traf und später eine Beziehung einging. Diese Beziehung hielt sie vor dem Mann geheim.
So weit so gut. Der Gesundheitszustand des Mannes besserte sich und er zeigte wieder Interesse an seiner Ehefrau. Aber die wollte nicht mehr. Eine Paartherapie lehnte sie genauso ab wie die Trennung von ihrem neuen Freund. Also brachte der Ehemann Scheidungsklage gegen die Frau ein.
Die ersten beiden Instanzen schieden die Ehe aus überwiegendem Verschulden des Mannes.
Beim Obersten Gerichtshof (6Ob 98/20k) hatte der Mann mehr Glück, denn dieser ging vom gleichteiligem Verschulden aus: Dem Mann lastete das Höchstgericht an, dass er sich grundlos weigerte in die Ehewohnung zurückzukehren, der Frau den Ehebruch.
Nach ständiger Rechtsprechung besteht die Pflicht zur ehelichen Treue auch nach vom anderen Ehegatten gesetzten Eheverfehlungen, auch wenn diese zu einer Zerrüttung, aber eben noch nicht zu einer unheilbaren Zerrüttung der Ehe führten.
Dass der Mann sich ausdrücklich gegen den Wunsch der Frau „einen Freund zu haben“ aussprach, interpretierte der OGH als Zeichen dafür, dass die Ehe für ihn noch nicht unheilbar zerrüttet war. Dieses Argument untermauerte das Gericht auch damit, dass der Mann versuchte, sich der Frau wieder anzunähern, als sich sein Gesundheitszustand wieder besserte. Der Argumentation des Berufungsgerichts, dass das Verhalten der Frau als Reaktion auf das Verhalten des Mannes gesetzt worden sei, schloss sich der OGH nicht an, sondern meinte ganz im Gegenteil: “ Ein Ehebruch kann niemals eine zulässige Reaktionshandlung sein.“
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