Der Ehemann bekam, während aufrechter Ehe, von seinem Vater eine Liegenschaft geschenkt. Dieses Grundstück verkaufte er und erwarb mit einem Teil des Erlöses die eheliche Wohnung (90m² plus Balkon) samt Einrichtung um ca. € 290.000. Zehn Jahre später zog die Ehefrau aus dieser Wohnung aus, da ihr ein weiteres Zusammenleben mit ihrem Mann unzumutbar erschien. Sie wohnte zunächst in der Wohnung ihres Sohnes, danach in einer Mietwohnung (35m²), in einem anderen Ort, für die sie € 400 Miete inklusive Betriebskosten bezahlt. Die Frau hat eine Pension von € 954 monatlich, der Mann € 1.490; er besitzt noch erhebliches Vermögen aus dem Verkaufserlös der ihm geschenkten Liegenschaft.
Die Frau beantragte die Aufteilung des Vermögens und meinte, dass die bisherige Ehewohnung in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sei, da sie unter der Armutsgefährdungsgrenze lebe und auf die Weiterbenützung der Wohnung zur Sicherung ihrer bisherigen Lebensbedürfnisse angewiesen sei und auch wegen ihrer sozialen Kontakte wieder in ihren bisherigen Wohnort zurückkehren wollte.
Der Mann wandte ein, dass die (von ihm eingebrachte) Ehewohnung nicht der Aufteilung unterliege, da seine Ex-Frau auf die Weiterbenützung der Wohnung zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse nicht angewiesen sei.
Der Oberste Gerichtshof nimmt ein solches „Angewiesensein“ nur an, wenn vitale Fragen der Existenz auf dem Spiel stehen, etwa bei drohender länger dauernder Obdachlosigkeit, wovon im vorliegenden Fall keine Rede sei. Die Frau sei aufgrund ihres Pensionseinkommens in der Lage, sich eine – wenn auch bescheidene – Wohnmöglichkeit selbst zu finanzieren. Es sei auch nicht von einer unzumutbaren oder unbilligen Einschränkung der Wohnqualität auszugehen, lebte sie doch vorher gemeinsam mit ihrem Mann in einer 90m² großen Wohnung und nun hat sie 35m² für sich allein.
Da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 82 Abs 2 EheG für eine Einbeziehung der Wohnung nicht vorlagen und somit kein aufzuteilendes Vermögen vorhanden war, wies der Oberste Gerichtshof den Antrag der Frau ab.
(OGH 1 Ob 95/15z = EF-Z 2015,271).
Wien, am 21. Jänner 2016
Dr. Ingrid Bläumauer