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Ein Ehepaar, beide Akademiker, drei Kinder, lebt in Scheidung. Die Frau teilt dem Mann per Email mit, sie werde mit den Kindern ab 05. August die Ferienwohnung am See nutzen. Als sie dort eintraf, stellte sie fest, dass der Mann, seine Lebensgefährtin und deren Kinder die Ferienwohnung bereits belegt haben, wobei sie zunächst nicht persönlich anwesend waren. Die Frau gab deren Decken in einen Korb und bezog die Betten für sich und die Kinder.

Als der Mann, seine Lebensgefährtin und deren beiden Kinder um ein Uhr nachts in die Ferienwohnung zurückkehrten, fertigte die Frau mit ihrem Handy hiervon ein Video an. Der Mann entriß ihr das Handy, um das Video zu löschen, was ihm wegen des Sicherheitscodes nicht gelang. Er steckte das Handy in seine Sakkotasche. Die Frau wollte ihr Handy zurück. Es kam zu einer Auseinandersetzung. Die Frau holte schließlich die Polizei, die den Mann der Wohnung verwies. Die Frau erlitt Hämatome, das Krankenhaus diagnostizierte eine Quetschung beider Unterarme. Die Frau wird sich in Psychotherapie begeben.

Das Bezirksgericht Salzburg ordnete per einstweiliger Verfügung die Ausweisung des Mannes aus der Ehewohnung an. Dies bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens.

Das Landesgericht Salzburg fand, die Frau habe den Mann provoziert und übertreibe bei der Darstellung der Angelegenheit. Es wies den Antrag der Frau ab.

Der von der Frau angerufene Oberste Gerichtshof hatte zu prüfen, ob der Frau das Zusammenleben mit dem Mann zumutbar ist. Hierfür sind folgende Kriterien ausschlaggebend: Ausmaß, Häufigkeit und Intensität der angedrohten oder gar verwirklichten Angriffe und bei (ernst gemeinten oder als solche verstandenen) Drohungen die Wahrscheinlichkeit deren Ausführung. Grundsätzlich entspricht jeder körperliche Angriff und jede ernsthafte substantielle Drohung mit einem solchen dem Unzumutbarkeitserfordernis. Es reicht daher eine einmalige und ihrer Art nach nicht völlig unbedeutende tätliche Entgleisung. Der Mann hat die Frau bei dieser Auseinandersetzung mehrfach tätlich angegriffen und sie dabei nicht völlig unbedeutend verletzt. Das Erfordernis der Unzumutbarkeit ist daher erfüllt.

Da jegliche Gewalt in Ehe und Familie prinzipiell verpönt ist, kann grundsätzlich gewalttätiges Verhalten nicht als “Entgleisung” entschuldigt oder mit Provokation gerechtfertigt werden. Der OGH (7 Ob 233/15p) folgte der Ansicht des Bezirksgerichts Salzburg und erachtete die Ausweisung des Mannes aus der Wohnung als gerechtfertigt.