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Vermögensteilung/Verträge

Jausenalm, Bauernhof & Schwiegermutter

Kurz vor der Hochzeit bekam der Mann von seinem Vater aufgrund eines Übergabe- und Erbverzichtsvertrages einen Bauernhof. Die Ehe hielt 20 Jahre. Vor Einleitung des Aufteilungsverfahrens schenkte der Mann dem gemeinsamen Sohn den Bauernhof, erhielt aber ein lebenslanges Wohn-, Verpflegungs- und Verköstigungsrecht. Außerdem schenkt der Vater des Mannes noch vor der Hochzeit seinem Sohn und der (zukünftigen) Schwiegertochter je zur Hälfte eine weitere Liegenschaft, auf dem diese zunächst einen Würstelstand und danach die „Jausenalm“ betrieben. Den Bauernhof sanierten sie, nutzten ihn als Ehewohnung und errichteten dort auch Fremdenzimmer, die sie in Form einer Halbpension vermieteten. Die Ehefrau betrieb hauptsächlich die Halbpension, der Ehemann Landwirtschaft und Jausenalm.

Die Ehewohnung der Streitteile, eine Wohnung im zweiten Stock des Hauses, in der später die Mutter der Frau, aufgrund eines verbücherten Wohnrechts wohnte, und die Fremdenzimmer, waren klar voneinander abgegrenzt.

Die Frau begehrte eine Ausgleichszahlung von € 200.000 als Abgeltung der Wertsteigerung der Liegenschaft auf der sich die Ehewohnung befand. Der Mann wollte ihr nichts zahlen. Nach mehreren Rechtsgängen landeten sie schließlich beim Obersten Gerichtshof (1 Ob 187/14b). Hier können nur die zentralsten Punkte seiner Entscheidung kurz zusammengefasst werden:

Die durch die Leistungen der Ehepartner bewirkte Wertsteigerung des privat genutzten Teils des Hofes ist im Rahmen der Aufteilung zu berücksichtigen. Nach den Ergebnissen des Verfahrens wurde der Hof zu 2/3 privat und zu 1/3 unternehmerisch genutzt.

Die Schwiegermutter leistete maßgebliche finanzielle Beiträge zum Umbau des Hauses, die nicht ausschließlich auf die von ihrem Wohnungsrecht umfassten Räumlichkeiten begrenzt und auch nicht ausschließlich ihrer Tochter zugerechnet werden können, zumal das finanzielle Engagement der Dame von Eigeninteresse getragen war.

Bewertungsstichtag ist der Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz. Nach ständiger Rechtsprechung dürfen Wertsteigerungen zwischen dem Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft und der Aufteilungsentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben und kommen den vormaligen Ehegatten gleichermaßen zugute, sofern sie ohne weiteres Zutun eines Gatten eingetreten sind.

Noch vor der erstinstanzlichen Entscheidung wurde die zugunsten der Schwiegermutter bestehende Dienstbarkeit gelöscht, was eine Wertsteigerung im Vermögen des Mannes bewirkte hätte, hätte er die Liegenschaft nicht vor Einleitung des Verfahrens seinem Sohn geschenkt. Der OGH berücksichtigte aber, dass der Mann aufgrund seines nun bestehenden Wohnrechts und des Ausgedinges in den Genuss der Wertsteigerung der Räumlichkeiten der Schwiegermutter kommt. Die aus dem Entfall des Wohnungsrechts entstandene Wertsteigerung war daher zu berücksichtigen.

Investitionen eines Ehegatten in ein Unternehmen des anderen sind nach § 91 Abs 2 EheG wertmäßig mit der Folge in die Aufteilung einzubeziehen, dass Ersterem ein größerer Anteil an den der Aufteilung unterliegenden Vermögenswerten, allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung zukommt. Dies müsse auch gelten, wenn der Beitrag eines Ehegatten zur Tilgung von Unternehmensschulden letztlich ausschließlich dem anderen zum Vorteil gereicht.

Der OGH kam schließlich zum Ergebnis, dass eine Ausgleichszahlung von € 55.000 der Billigkeit entspricht und wies das Mehrbegehren von € 145.000 ab.

Anmerkung: Landwirtschaft, Jausenalm und Fremdenzimmer sind Unternehmen und unterliegen daher nicht der Aufteilung.

Wien, am 13. August 2015

Dr. Ingrid Bläumauer