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ScheidungScheidungsgründe

Künstliche Befruchtung – ein Scheidungsgrund?

Wer sich ohne Wissen seines Partners künstlich befruchten lässt, setzt einen Scheidungsgrund. Punkt. Einvernehmlichkeitsgrundsatz, Partnerschaftsprinzip, Eheverfehlung. Das kennen wir schon vom letzten Artikel, in dem es um eine Frau ging, die grundlos und ohne das Gespräch mit ihrem Mann zu suchen, einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließ. Diesmal schauen wir uns das Gegenteil an, also die Erfüllung eines Kinderwunsches ohne Wissen und Willen des Ehemannes. Auch damit beschäftigte sich der Oberste Gerichtshof (4 Ob 534/91) schon. Der Fall war speziell:

Der Ehemann hatte bereits drei Jahre vor der Hochzeit eine Sterilisation vornehmen lassen und war seit Durchführung dieser Operation nachweislich zeugungsunfähig. Er wollte keine Kinder und war davon überzeugt, dass er wegen seines Berufes nicht die notwendige Zeit für sie aufbringen kann. Schon die erste Ehe des Mannes blieb daher kinderlos. Auch seiner zweiten Frau erklärte er vor der Hochzeit, dass er keine Kinder möchte und wegen der vorgenommenen Sterilisation keine mehr zeugen kann. Die Frau war damit einverstanden, dass die Ehe kinderlos bleiben soll.

Drei Jahre später gebar die Frau einen Sohn. Das Kind stammt nicht vom Mann. Es muss (wohl) einer künstlichen Befruchtung entstammen, welche die Frau ohne Wissen des Mannes und somit auch ohne dessen Zustimmung vornehmen ließ.

Der Ehemann reichte deswegen die Scheidung ein. Er brachte auch vor, dass die Frau trotz der vereinbarten Kinderlosigkeit, schon kurz nach der Hochzeit ihre Bemühungen um ein Kind vertiefte, dem Mann unschöne Szenen machte und verlangte, dass er die Sterilisation rückgängig macht. Der Mann lehnte dies ab, es sei auch medizinisch nicht mehr möglich gewesen. Die Frau sei von ihrem Standpunkt aber nicht abgerückt und habe schließlich sogar versucht, dem Mann einzureden, dass das Kind ohnehin von ihm stamme.

Ganz anders die Version der Frau: Diese behauptete, der Mann habe ihr erst ein Jahr nach der Hochzeit gestanden, dass er nach einer Sterilisation zeugungsunfähig ist. Er habe schließlich eingesehen, dass eine kinderlose Ehe für die Frau nicht in Frage käme und einer künstlichen Befruchtung zugestimmt.

Die Gerichte glaubten dem Ehemann und schieden die Ehe aus alleinigem Verschulden der Frau, weil sie sich nicht an die vereinbarte Kinderlosigkeit hielt und sich überdies ohne Wissen des Ehemannes künstlich befruchten ließ.