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ScheidungUnterhalt

Mitwirkungspflicht des Unterhaltsschuldners

Der Kindesvater, ein selbständiger Apotheker legte trotz mehrmaliger Aufforderung die Unterlagen zur Überprüfung seiner Unternehmensbeteiligungen, insbesondere einen Gesellschaftsvertrag einer KG, trotz mehrfacher Aufforderung nicht vor. Er berief sich letztlich darauf, die Gesellschafter der KG hätten ihm keine Zustimmung erteilt, die Jahresabschlüsse der KG oder den Gesellschaftervertrag vorzulegen. Dies sah das Gericht als Verletzung der Mitwirkungspflicht des Unterhaltsschuldners, schätzte sein Einkommen auf ca. € 7.000,– und setzte den Kindesunterhalt mit dem doppelten bzw. zweieinhalbfachen des Regelbedarfs fest (Unterhaltsstopp). Die zweite Instanz bestätigte die Entscheidung, zumal der doppelte bzw. zweieinhalbfache Regelbedarf schon bei einem monatlichen Einkommen von € 5.300,– gedeckt ist und der Kindesvater selbst seine Lebenskosten mit € 5.000,– bezifferte.

Der Oberste Gerichtshof (3 Ob 47/14d, EZ-Z 2015,86; iFamZ 2015,63) bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen ebenfalls und führte bezüglich der Ermittlung der Unterhaltsgrundlage aus:

Den Unterhaltsschuldner trifft bei der Ermittlung der Unterhaltsgrundlage eine Mitwirkungspflicht. Verletzt er diese Pflicht, kann sein Einkommen nach freier Würdigung geschätzt werden.

Es bleibe dem Unterhaltschuldner unbenommen, maßgebliche, der Ermittlung seiner Einkommensverhältnisse dienliche Unterlagen nicht vorzulegen. Auch von ihm vertraglich eingegangene Verpflichtungen, die möglicherweise eine Vorlage von Unterlagen verhindern, können nichts daran ändern, dass in diesem Fall die Einkommensverhältnisse geschätzt werden können und müssen.

Dass in Unterhaltssachen eine breite Offenlegungsverpflichtung besteht, zeige augenscheinlich die Bestimmung des § 102 Abs 2 letzter Satz AußStrG, wonach sogar die Finanzämter dem Gericht zur Auskunft verpflichtet sind.

Die Mitwirkungs- und Vollständigkeitspflicht ist auch in § 16 Abs 2 AußStrG festgeschrieben (OGH 7 Ob 164/06b). Eine bewusste Verschleierung des Einkommens ist nicht erforderlich (OGH 10 Ob 65/08v).

Wird Änderung des bisher festgesetzten Unterhalts beantragt, kann bei mangelnder Mitwirkung an der Feststellung des Einkommens von den bisherigen Einkommensverhältnissen ausgegangen werden (OGH RS 0047432).

In Detailfragen der Unterhaltsbemessung hat grundsätzlich der Unterhaltsschuldner die für seinen Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen ausreichend zu behaupten und zu beweisen (OGH 2 Ob 90/09v). Soweit den Unterhaltspflichtigen danach Beweispflichten treffen, können unaufgeklärt gebliebene Umstände nicht zu Lasten des Kindesunterhalts und des darauf angewiesenen unterhaltsberechtigten Kindes ausschlagen (OGH 10 Ob 57708t).