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Zusammenleben während eines laufenden Scheidungsverfahrens ist nicht lustig. Aber wie lange muss man sich das antun? Ein besonders verzwickter Fall landete jüngst beim Obersten Gerichtshof:

Die Ehe wurde Ende Juli 2013 aus alleinigem Verschulden der Frau geschieden. Diese berief erfolglos gegen den Schuldausspruch. Im November 2014 beantragte der Mann die Aufteilung des Vermögens. Das Gericht wies diesen Antrag im März 2015 als verfristet ab. Der Mann bekämpfte diesen Beschluss mit Rekurs, denn vor Einbringung des Antrags sei (bis September) eine außergerichtliche Lösung versucht worden, sodass die Frist gehemmt sei.

Daneben klagte der Mann, der Alleineigentümer der vormaligen Ehewohnung ist, seine Ex-Frau auf Räumung der nach rechtskräftiger Scheidung titellosen Benützung der Wohnung. Dagegen wehrte sich die Frau und meinte sie habe das Recht, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Aufteilungsverfahrens, die Wohnung zu benützen.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren des Mannes statt, das Berufungsgericht wies das Räumungsbegehren ab und begründete dies damit, dass der Anspruch des wohnungsbedürftigen Ehegatten auf Benützung der Wohnung bis zur rechtskräftigen Beendigung des Aufteilungsverfahrens besteht. Das heißt: Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser nach § 97 ABGB einen Anspruch darauf, dass der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlässt und vorsorgt, dass der auf eine Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliert. Dieser Anspruch besteht nach herrschender Meinung im Aufteilungsanspruch fort und dauert daher solange, bis über den Aufteilungsanspruch rechtskräftig abgesprochen wurde.

Die Besonderheit dieses Falles war die Beantwortung der Frage, ob dies auch dann gilt, wenn im Aufteilungsverfahren zu prüfen ist, ob der Aufteilungsantrag rechtzeitig gestellt wurde.

Der vom Mann angerufene OGH entschied, die Frau kann, solange der Aufteilungsantrag nicht rechtskräftig als verfristet abgewiesen wurde, dem auf titellose Benützung gestützten Räumungsbegehren ihres Ex-Mannes ihren Anspruch auf Benützung der Wohnung wirksam entgegenhalten (OGH, 21.12.2015, 5 Ob 178/15k).

Wien, am 26. Februar 2016

Dr. Ingrid Bläumauer