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Kürzlich befasste sich der Oberste Gerichtshof (4 Ob 100/15g) wieder mit dem Ersatz von Detektivkosten. Das Urteil ist deshalb so interessant, weil das Höchstgericht anders entschied, als die beiden unteren Instanzen. Was ist geschehen?

Im Jahr 2010 lernten sich ein Arzt und eine Ärztin im Krankenhaus, ihrem gemeinsamen Arbeitsplatz, kennen. Sie verstanden sich gut, die Gespräche wurden intensiver, zu Weihnachten 2011 berichtete der Arzt erstmals von immer wieder auftauchenden Eheproblemen. Seine Kollegin riet ihm nicht vorschnell aufzugeben, der Arzt hatte aber schon anwaltlichen Rat zur Scheidung eingeholt und vermutete, dass seine Gattin dasselbe getan hat.

Ab September 2012 nächtigte der Ehemann teilweise bei seinen Eltern oder in seinem Arztzimmer und erklärte seiner Gattin, er brauche Abstand. Sexuelle Kontakte zwischen den Eheleuten fanden bis Ende Oktober 2012 statt. Die Ehefrau glaubte, die Ehe sei noch zu retten.

Der Ehemann hingegen erklärte seiner Kollegin, seine Ehe sei gescheitert, bestehe nur noch auf dem Papier, die Scheidung sei reine Formsache. Die Ärztin glaubte ihm und ließ sich auf ein sexuelles Verhältnis mit ihm ein.

Mitte Oktober wurde der Mann im Zuge eines Streits mit seiner Frau aus der ehelichen Wohnung weggewiesen und zog am darauffolgenden Tag endgültig aus. Zwei Tage später beauftragte die Frau einen Detektiv mit der Observierung ihres Mannes. Dieser wurde in der Wohnung seiner Freundin beim Austausch von Zärtlichkeiten ertappt. Für die Observierung bezahlte die Ehefrau € 7.843,69 und reichte daraufhin die Scheidung ein. Die Ehe wurde im Jänner 2013 einvernehmlich geschieden. Die Ehefrau klagte die Freundin ihres Mannes auf Ersatz der Detektivkosten. Die ersten beiden Instanzen wiesen die Klage ab. Der Oberste Gerichtshof verurteilte die Ärztin zum Ersatz der eingeklagten Detektivkosten und begründete dies wie folgt:

Die Ärztin wusste bei Aufnahme ihrer sexuellen Beziehungen, dass ihr Kollege verheiratet ist. Die Pflicht zur ehelichen Treue besteht grundsätzlich während der gesamten Dauer der Ehe und muss von den Ehegatten auch während eines anhängigen Scheidungsverfahrens beachtet werden. Der Ehestörer greift in diese Rechte daher auch dann ein und haftet für die Detektivkosten, wenn sein Verhalten für die Zerrüttung der Ehe nicht kausal werden konnte, weil die Zerrüttung bereits eingetreten war. Schon bei schuldrechtlichen Verträgen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass es grundsätzlich jedermann zumutbar ist, diese zu respektieren. Das muss umso mehr für die Ehe, als nicht bloß schuldrechtlichen Vertrag, sondern sogar als absolut geschütztem Rechtsgut, gelten. Der von der Ehefrau erhobene Schadenersatzanspruch sei daher berechtigt.

Wien, am 28. Oktober 2015

Dr. Ingrid Bläumauer