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Wenn die Mutter stirbt – dies ist schon tragisch genug. War sie noch dazu mit der alleinigen Obsorge betraut, haben die minderjährigen Kinder keinen gesetzlichen Vertreter. Im konkreten Fall beantragten der Vater und die Großeltern mütterlicherseits die Obsorge.

Da dringliche Maßnahmen (Antrag auf Waisenpension, Vertretung im Verlassenschaftsverfahren) erforderlich waren, betraute das Gericht die Großeltern mit der vorläufigen Obsorge. Diese hatten sich in den letzten Jahren überwiegend um die Kinder gekümmert. Außerdem befand sich der Lebensmittelpunkt der Kinder (Schule, Freundeskreis …) noch an ihrem Wohnsitz.

Der Vater bekämpfte diese Entscheidung mit dem Einwand, dass bei gleicher Eignung grundsätzlich der nähere Grad der Blutsverwandtschaft den Ausschlag gäbe und somit er mit der Obsorge zu betrauen gewesen wäre. Der Oberste Gerichtshof schloss sich der Argumentation des Vaters nicht an, dass es bei der vorläufigen Obsorge nur darum gehe, ob die Obsorge bis zur endgültigen Entscheidung dem Vater oder den Großeltern zukommen soll.

Das Rekursgericht habe in diesem Fall besonders auf die Belastung der Kinder unmittelbar nach dem Tod ihrer Mutter abgestellt, die sich mit dem Zeitverlauf und der Intensivierung des Kontakts zum Vater verringern werde. Ob es für die Kinder günstiger sei, dass dem Vater die Obsorge zukomme, sei im Rahmen der endgültigen Obsorgeentscheidung zu beurteilen (OGH 18.09.2014 1 Ob 163/14y; ifamZ 298/2015).

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es zwar nicht möglich ist, testamentarisch einen Obsorgeberechtigten bindend festzulegen, trotzdem kann eine derartige Regelung in einer letztwilligen Verfügung eine wichtige Entscheidungsgrundlage in einem Obsorgestreit sein.