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ScheidungScheidungsgründe

Wenn der Tod die Ehe scheidet, bevor das Gericht es tut.

In einem Reihenhaus am Stadtrand lebte ein Ehepaar mit seinen zwei Kindern. Beide Ehegatten waren berufstätig, Haushaltsführung und Kindererziehung teilten sie sich. Familienidylle pur, könnte man meinen. Doch der Ehemann sprach immer mehr dem Alkohol zu. Nach vielen Krisen entschloss er sich zum Entzug. Seine Gattin und er planten einen Neubeginn. Sie zogen die bereits anhängigen Scheidungsklagen zurück und kauften sich neue Eheringe. Das Glück war nicht von langer Dauer. Der Ehemann verlor seinen Job und begann wieder zu trinken. Im Zuge eines Streits ließ ihn die Frau wegweisen und reichte die Scheidung ein.

Nach langen zähen Verhandlungen und vielen Vergleichsgesprächen einigen sich die Ehegatten. Die Sache hatte nur einen Haken: die Frau musste erst das Geld für die Ausgleichszahlung aufbringen, wofür ein Haus verkauft werden sollte. Der Ehemann war damit einverstanden, seiner künftigen Ex-Frau ausreichend Zeit für den Verkauf zu geben und so wurde letzten Herbst ein Gerichtstermin für den Frühling anberaumt, bei dem die einvernehmliche Scheidung durchgeführt werden sollte.

Kurz vor diesem Gerichtstermin nahm sich der Mann das Leben. Dem Gericht wurde eine Sterbeurkunde übermittelt und die Verhandlung abberaumt. Kurz darauf beantragte die Witwe die Fortsetzung des Scheidungsprozesses, zog den Antrag auf Durchführung einer einvernehmlichen Scheidung zurück und beantragte die Fortsetzung des unterbrochenen Verfahrens, also eine Verschuldensscheidung gegen ihren verstorbenen Mann.

Das Gericht ordnete einen Verhandlungstermin an. Was dort geschehen sollte, werden wir nie erfahren, denn kurz vor der Verhandlung ließ die Witwe durch ihre Anwältin ausrichten, sie habe sich gegen die Fortsetzung des anhängigen Verfahrens entschieden. Im Scheidungsprozess wurde ewiges Ruhen vereinbart.

Man munkelt es habe einen Abschiedsbrief des Mannes mit Hinweis auf ein Testament gegeben. War dies der Grund für den Sinneswandel der Witwe?

Ich habe Ihnen diesen Fall nicht nur erzählt, weil er so gut zu Allerheiligen und zum Novembernebel passt, sondern weil ich Sie darauf hinweisen möchte, dass am 01. Jänner 2017 die Erbrechtsreform in Kraft tritt und damit auch ein neues Erb- und Pflichtteilsrecht von Ehegatten.