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ScheidungUnterhalt

§ 68a EheG: Verschuldensunabhängiger Unterhalt nach Scheidung

Nach einer Scheidung in Österreich stellt sich häufig die Frage, wer Anspruch auf Unterhalt hat – insbesondere dann, wenn ein Ehepartner während der Ehe den Haushalt geführt oder gemeinsame Kinder betreut hat.

Der Gesetzgeber hat mit § 68a Ehegesetz (EheG) eine besondere Bestimmung geschaffen, die in solchen Fällen einen verschuldensunabhängigen Unterhaltsanspruch nach der Scheidung vorsieht.

Diese Regelung soll jene Ehepartner schützen, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Familie aufgegeben oder stark eingeschränkt haben. Auch der überwiegend oder allein schuldige Ehepartner kann unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung haben.

Im folgenden Beitrag erläutere ich die gesetzlichen Voraussetzungen, Grenzen und die aktuelle Rechtsprechung des OGH zu diesem besonderen Unterhaltsanspruch nach § 68a EheG.

 

Wann besteht ein Anspruch nach § 68a EheG?

Ein verschuldensunabhängiger Unterhaltsanspruch kann bestehen, wenn berücksichtigungswürdige Umstände vorliegen.
Das sind insbesondere:

  • die Betreuung eines gemeinsamen Kindes, oder
  • die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung aufgrund der Ehegestaltung.

Wichtig: Dieser Anspruch gilt bei allen Scheidungsarten – also bei einer Scheidung wegen Verschuldens, einer einvernehmlichen Scheidung (ohne rechtwirksame Unterhaltsvereinbarung, was wohl kaum vorkommt) oder einer Scheidung ohne Schuldausspruch.

Da der Anspruch nicht vom Verschulden abhängt, kann auch der allein oder überwiegende schuldige Ehepartner, Unterhalt für Kinderbetreuung oder Haushaltsführung verlangen.

 

Unterhalt wegen Kinderbetreuung

Gemäß § 68a Abs 1 EheG besteht der Anspruch, wenn und solange es dem geschiedenen Ehegatten aufgrund der Pflege und Erziehung eines gemeinsamen Kindes – unter Berücksichtigung des Kindeswohls – nicht zugemutet werden kann, selbst für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.

  • Die Unzumutbarkeit der Selbsterhaltung wird vermutet, solange das Kind unter fünf Jahre alt ist.
  • Bei mehreren Kindern ist das jüngste Kind maßgeblich.
  • Der Anspruch endet nicht automatisch, sondern ist vom Gericht entsprechend zu befristen. Über das fünfte Lebensjahr des jüngsten Kindes hinaus jeweils auf drei Jahre.
  • Bei besonderen Umständen – etwa bei der Betreuung eines behinderten oder dauerhaft pflegebedürftigen Kindes – kann der Anspruch unbefristet bestehen.

 

Unterhalt wegen der Ehegestaltung

Nach § 68a Abs 2 EheG besteht der Anspruch auch dann, wenn sich ein Ehepartner während der Ehe vereinbarungsgemäß um folgende Bereiche gekümmert hat:

  • die Haushaltsführung,
  • die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder, oder
  • die Betreuung von Angehörigen eines der Ehegatten.

Wenn der geschiedene Ehepartner dadurch keine ausreichenden Erwerbsmöglichkeiten hat – etwa wegen fehlender Ausbildung, langer Ehe, hohen Alters oder gesundheitlicher Einschränkungen –, kann ihm Unterhalt nach der Scheidung zustehen.

In der Regel wird dieser Anspruch auf drei Jahre befristet, wenn erwartet werden kann, dass sich der Ehepartner danach selbst erhalten kann.

 

Einschränkungen aus Billigkeitsgründen

Gemäß § 68a Abs 3 EheG kann der Anspruch vermindert oder entfallen, wenn die Gewährung des Unterhalts unbillig wäre.

Das ist etwa der Fall, wenn

  • der Berechtigte eine schwere Eheverfehlung begangen hat,
  • die Bedürftigkeit grob schuldhaft selbst herbeigeführt wurde, oder
  • im Fall der ehelichen Rollenverteilung gemäß § 68a Abs 2 EheG auch, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war.

Damit stellt das Gesetz sicher, dass der verschuldensunabhängige Unterhalt nicht zu ungerechten Ergebnissen führt.

 

Höhe des verschuldensunabhängigen Unterhalts

Der Lebensbedarf des Berechtigten ist das Maß für die Höhe des Anspruchs.

Die Rechtsprechung geht dabei in zwei Schritten vor:

  1. Ermittlung, welchen monatlichen Betrag der unterhaltsberechtigte Ehepartner zur Deckung seines Lebensbedarfs benötigt.
  2. Kontrolle, ob dieser Betrag in einer angemessenen Relation (meist 15 % – 33 %) zum Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen steht, wobei diesem selbst genügend Mittel zur Verfügung bleiben müssen, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

Eigenes Einkommen oder staatliche Leistungen (z. B. Sozialhilfe, Wohnbeihilfe, Heizpauschalen) sind anzurechnen.

 

Aktuelle Entscheidung des OGH zum Lebensbedarf

In einer aktuellen Entscheidung (OGH 4 Ob 88/25g) hat der Oberste Gerichtshof Österreichs klargestellt, dass der Lebensbedarf des unterhaltsberechtigten Ehepartners nicht zwingend den konkreten Ausgaben entsprechen muss.
Das Gericht darf stattdessen auf den Ausgleichszulagenrichtsatz abstellen und darauf basierend die Kontrollrechnung vornehmen.

Damit bestätigt der OGH die bisherige Linie (4Ob 109/24i): Die Bemessung des Unterhalts nach der Scheidung hat sich an objektiven Maßstäben zu orientieren – nicht an individuellen Ausgaben.

 

Fazit: Wichtige soziale Absicherung nach der Scheidung

Der Unterhalt nach § 68a EheG stellt eine wesentliche Absicherung für geschiedene Ehepartner dar, die aufgrund von Kinderbetreuung oder Haushaltsführung nicht bzw. nicht sofort für sich selbst sorgen können.

Ziel des § 68 a EheG ist es für bestimmte Härtefälle einen verschuldensunabhängigen, aber zeitlich begrenzten Unterhaltsanspruch zu schaffen.

 

Sie möchten wissen, ob Ihnen nach Ihrer Scheidung Unterhalt nach § 68a EheG zusteht?

Ich berate Sie gerne umfassend zu den Themen
Unterhalt nach Scheidung,
– Aufteilung des ehelichen Vermögens, sowie
– Voraussetzungen und Arten der Scheidung

 

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