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InteressantesScheidung

Nacheheliche Lebensgemeinschaft

Nach der Scheidung gehen die vormaligen Partner getrennte Wege. Von nun an kann jeder machen was er will. Eine gewisse Einschränkung besteht allerdings für Geschiedene, die Unterhalt von ihrem Ex-Partner bekommen. Denn, solange der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehepartner eine Lebensgemeinschaft führt, ruht sein Unterhaltsanspruch.

 

Was versteht man unter einer solchen Lebensgemeinschaft?

Unter einer Lebensgemeinschaft versteht man, ein jederzeit lösbares familienrechtsähnliches Verhältnis, das der Ehe nachgebildet ist, aber von geringerer Festigkeit. Wesentlich ist eine aus der seelischen Gemeinschaft und dem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus entstandenen Bindung und eine gewisse Dauer.

Grundsätzlich muss eine Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft vorliegen, wobei diese drei Voraussetzungen im Sinne eines beweglichen Systems unterschiedlich gewichtet werden bzw. nicht alle drei Kriterien erfüllt sein müssen. Die Beziehung muss sich deutlich von einer freundschaftlichen Beziehung abheben.

 

Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft

Die Lebensgefährten müssen in einer Wohnung leben, die ihr gemeinsamer Lebensmittelpunkt ist. Fallweises übernachten in unregelmäßigen Abständen genügt nicht. Unter Wirtschaftsgemeinschaft versteht man nicht nur die rein materielle Seite, sondern auch, dass die Partner Freud und Leid miteinander teilen bzw. einander Beistand leisten.

Ob eine Lebensgemeinschaft vorliegt ist an Hand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Diese können, wie die Rechtsprechung des OGH der letzten drei Jahre zeigt, zu durchaus überraschenden Ergebnissen führen.

 

Genügt es, wenn die Personen nach außen hin, als Paar auftreten?

Eine Frau lebte nach der Scheidung mit ihrem neuen Partner im selben Haus, aber in getrennten übereinander liegenden Wohnungen. Es befanden sich keine persönlichen Gegenstände des einen in der Wohnung des anderen, keiner hatte einen Schlüssel zur Wohnung des anderen. Manchmal übernachtete die Frau beim Mann, nur selten der Mann bei der Frau. Es wird weder gemeinsam eingekauft, noch gemeinsam gekocht, nur gelegentlich gemeinsam gegessen. Jeder versorgt seine eigene Wäsche. Es gibt keine wechselseitige Unterstützung bei der Haushaltsführung, bei Reparaturarbeiten oder den Finanzen. Es gibt kein gemeinsames Konto und keine gemeinsamen Anschaffungen. Ausflüge und Urlaube werden getrennt bezahlt. In ihrem sozialen Umfeld treten die beiden als Paar auf. Reicht das?

Nein, sagt der OGH (1Ob 98/22a): Keine Wohngemeinschaft, keine wirtschaftliche Verflechtung daher: keine Lebensgemeinschaft, da ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Gemeinschaft unverzichtbar ist.

 

„Meine Lebensgefährtin“ – über Jahrzehnte seelisch verbunden

Ein anderes Paar lebte ebenfalls nie in einer gemeinsamen Wohnung, führte getrennte Haushalte, hatte kein gemeinsames Konto. Anfangs machte die Frau dem Mann die Wäsche. Als es dem Mann gesundheitlich schlechter ging, erledigte sie auch den übrigen Haushalt, außer Einkaufen und Kochen.

Die Frau übernachtete ab und zu in der Wohnung des Mannes. Wenn sie einander trafen, gingen sie spazieren oder hörten Musik. Manchmal machten sie Tagesausflüge, waren aber nie gemeinsam auf Urlaub und nur selten bei Familienfesten. Der Mann stellte die Frau als seine „Lebensgefährtin“ vor. Eine sexuelle Beziehung bestand, solange es dem Mann möglich war. Der Mann gab der Frau zweimal Geld für den Ankauf von Autos, mit denen sie ihn dann bei den gemeinsamen Ausflügen chauffierte. Vor dem Tod des Mannes trennte sich das Paar, nach 22 Jahren.

 

Lebensgemeinschaft im erbrechtlichen Kontext

Für das Fehlen der Wohngemeinschaft führte der OGH (2 Ob 173/21m) hier den großen Altersunterschied zwischen Mann und Frau ins Treffen. Die Wirtschaftsgemeinschaft sah er in der Haushaltsführung. Die Geschlechtsgemeinschaft war gegeben, solange es dem Mann möglich war. Schließlich argumentierte der OGH damit, dass die Beziehung 22 Jahr lang dauerte und der Mann die Frau als seine „Lebensgefährten“ ansah. Wille des Erblassers . . .

 

Wochenendbeziehung mit großer räumlicher Distanz

Eine geschiedene Frau führt seit Jahren eine Wochenendbeziehung mit einem anderen Mann. Die Wochenenden verbringt das Paar abwechselnd im Haus der Frau in der Steiermark bzw. im Haus des Mannes in Niederösterreich. Die Frau und der Mann haben jeweils Schlüssel für das Haus des anderen und bewahren auch persönliche Sachen im Haus des anderen auf.

Sie fahren gemeinsam auf Urlaub und besuchen gemeinsam Familienfeiern des jeweils anderen. Der Mann postet Fotos von Freizeitunternehmungen mit der Frau und deren Kindern auf Facebook.

Die Frau und der Mann haben keine gemeinsamen Konten. Sie trägt sämtliche Kosten für die Wochenenden bei ihr und der Mann trägt sämtliche Kosten für die Wochenenden bei ihm.

Dazu der OGH (3Ob 35/20y): Die Wochenendbesuche reichen nicht für die Annahme eines gemeinsamen Lebensmittelpunktes. Auch die gemeinsame Wirtschaftsführung ist nicht gegeben bzw. beschränkt sich diese nur auf die zwischenmenschliche Komponente. Also, keine Lebensgemeinschaft.

 

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