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Nicht nur an Weihnachten – verreisen mit Kind ein Rechtsabenteuer!

Wenn einer eine Reise tut, kann er was erzählen. Wer mit Kind vereisen will, vielleicht schon, bevor er die Reise überhaupt angetreten hat. Nämlich dann, wenn der andere Elternteil der Reise nicht zustimmt, die Reisedokumente nicht herausrückt oder Visa nicht beantragt.  Darf ein Elternteil eine Reise einfach so verbieten oder sabotieren? Um diese Frage zu beantworten, sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden:

 

Alleinige Obsorge eines Elternteils – Kontaktrecht des anderen:

Der knapp 5-jährige Max ist das außereheliche Kind von Tom und Eva. Die alleinige Obsorge steht Eva zu, Tom hat ein Kontaktrecht an jedem zweiten Wochenende, einen Tag unter der Woche, eine Woche in den Weihnachtsferien und zwei Wochen in den Sommerferien.

Max hat zu beiden Eltern eine gute Bindung.

Tom begehrte die Ausfolgung des Personalausweises von Max, damit er mit diesem im Rahmen des Kontaktrechts Tages- bzw. Halbtagesausflüge nach Tschechien unternehmen kann. Eva verweigerte dies und bekam Recht (OGH 8 Ob 146/15a).

 

Der allein obsorgeberechtigte Elternteil darf, dem anderen Auslandsreisen mit dem Kind grundsätzlich untersagen, und zwar ohne Vorliegen besonderer Umstände.

Der im Rahmen des Kontaktrechts aktuell das Kind betreuende Elternteil kann nur Alltagsentscheidungen allein treffen. Dazu gehört auch die Erlaubnis bei Freunden zu übernachten. Nur in diesem Umfang kommt auch dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil, bei dem sich das Kind aufhält ein (schlichtes) Aufenthaltsbestimmungsrecht zu.

 

Auslandsreisen, auch wenn sie nur kurzfristig sind, darf er kraft eigener Entscheidung aber nicht unternehmen.

Es gibt auch Entscheidungen von Landesgerichten, die dies anders sehen und meinen, auch dem Elternteil, der nur ein Kontaktrecht hat, kommt im Rahmen des zulässigen Kontaktrechts auch das „schlichte“ Aufenthaltsbestimmungsrecht zu, wozu auch die Wahl des Urlaubsortes gehört.

Nur im Fall von besonders begründeten Bedenken, insbesondere bei einer drohenden Kindesentführung, darf ein im Rahmen des Kontaktrechts geplanter Auslandsaufenthalt untersagt werden (LG St Pölten 23R/19t).

 

Gemeinsame Obsorge – Einvernehmlichkeitsgebot– Information

Was wäre, wenn Eva und Tom die gemeinsame Obsorge hätten? Hier wäre nach der aktuellsten Entscheidung des Obersten Gerichtshof zu diesem Thema (OGH 4 Ob 6/23w) das Einvernehmen mit dem anderen Elternteil herzustellen.

Dieses Einvernehmlichkeitsgebot umfasst Urlaubsreisen oder sonstige kürzere Aufenthalte im Ausland sowie die Berechtigung, die Reisedokumente für das Kind innezuhaben.

 

Verwahrung von Reisedokumenten:

Bei gemeinsamer Obsorge sind grundsätzlich beide Elternteile berechtigt die Reisedokumente ihrer Kinder zu verwahren.

 

Information über Reiseziel, Reisedaten, Reisezweck

Das Einvernehmlichkeitsgebot setzt voraus, dass der andere Elternteil über Reiseziel, Reisedaten (einschließlich der verwendeten Transportmittel) und Zweck der Reise informiert wird. Dieser Informationsaustausch ist laut OGH zum Schutz des Kindeswohls unerlässlich. Denn nur so kann jeder Elternteil die Fragen des Kindes zur bevorstehenden Reise beantworten, wenn es sich gerade in seiner Obhut befindet.

Bei den vom OGH vorgesehenen Informationspflichten fällt dem geübten Reiserechtler gleich allerhand ein. Zum Reiseziel: selbstverständlich keine Reisen in Gebiete von mit erhöhtem Sicherheitsrisiko oder bestehenden Gesundheitswarnungen z.B. der WHO. Zu den Reisedaten: Was genau muss hier bekannt gegeben werden? Reicht das Zielgebiet z.B. Mallorca oder muss auch der Aufenthaltsort samt Hotel angegeben werden?

Auch Reisevorbereitungen (Visa, Impfungen) sowie das Packen passender Kleidung setzen laut Höchstgericht zumindest diesen Informationsaustausch voraus. Wer zahlt allfällige Stornogebühren oder frustrierte Aufwendungen, wenn der andere Elternteil Visa, Impfungen etc. nicht organisiert und das Kind die Reise nicht antreten kann?

Stimmt der andere Elternteil dem Auslandsaufenthalt nicht zu, bleibt nur der Weg zu Gericht. Dort wird dann entschieden, ob die geplante Reise dem Kindeswohl entspricht.

Die das Einvernehmlichkeitsgebot für beide Eltern gilt, stellt sich mir die Frage: Braucht auch der hauptsächlich betreuende Elternteil, die Zustimmung des anderen?

 

Sind Sie verwirrt? Ich auch. Damit sind wir offenbar nicht allein, denn es wird schon ein Intensivseminar zu diesem Thema angeboten.

 

Fortsetzung folgt!

 

Meine Mitarbeiterinnen und ich wünschen Ihnen einen besinnlichen Advent, ein friedliches Weihnachtsfest und ein erfolgreiches neues Jahr!

 

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