In der Entscheidung 1 Ob 81/25f ging es darum, ob das Kapital eines „Business Angels“ der nachehelichen Aufteilung unterliegt und daher mit dem Ehepartner geteilt werden muss.
Ausgangsfall – Business Angel und nacheheliche Aufteilung
Die Ehepartner haben 1997 geheiratet. Der Ehemann hat im Jahr 2002 ein Unternehmen gegründet, das er in den Jahren 2010 und 2011 verkauft hat. Den Verkaufserlöse überwies er auf ein Bankkonto, von dort aus veranlagte er einen Teil des Geldes weiter auf zwei Wertpapierdepots und ein Girokonto.
Der Mann wollte im „Start up“ Bereich tätig sein und den Großteil des Verkaufserlöses in andere Unternehmen investieren. Für ihn war das Geld daher immer unternehmerisch gewidmet. Da er bis 31.12.2015 noch in seinem alten Unternehmen angestellt war, fing er nur in kleinem Rahmen an als „Business Angel“ zu investieren und gründete im Juli 2015 für seine Tätigkeit als Business Angel eine GmbH. Die Ehepartner haben sich am 31.12.2015 getrennt.
Die Gerichte sprachen der Ehefrau eine Ausgleichszahlung in Höhe von € 2.000.000,00 zu. Der Ehemann bekämpfte diese Entscheidung, weil er meinte, dass die Konten und Wertpapierdepots in Höhe von ungefähr € 2.424.000,00 nicht der Aufteilung unterliegen. Er wollte seiner Ex-Frau nur € 790.000,00 zahlen und bekämpfte den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen mit außerordentlichen Revisionsrekurs. Der Oberste Gerichtshof wies das Rechtsmittel des Mannes zurück, weil keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt wurde.
Entscheidung des OGH (1 Ob 81/25f) zur Aufteilungsmasse
In seiner rechtlichen Beurteilung fasste der OGH die Rechtsprechung zum Thema Erlös aus Veräußerung von Unternehme bzw. Unternehmensanteilen und Aufteilung zusammen:
Wann Verkaufserlöse aus Unternehmen aufzuteilen sind
Der Erlös aus der Veräußerung eines Unternehmens oder von Unternehmensanteilen zählt zur Aufteilungsmasse.
Ausnahmen – Veräußerungserlös NICHT in der Aufteilungsmasse
- der Erlös aus dem Verkauf des alten Unternehmens wird zur Anschaffung eines neuen Unternehmens verwendet oder in ein anderes Unternehmen investiert
- das Unternehmen wird erst nach der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft veräußert
- das Unternehmen wurde bereits in die Ehe eingebracht, sein Wert hat sich in diesem Zeitraum nicht wesentlich erhöht
Re-Investition in Unternehmen: Anforderungen des OGH
Was geschieht mit den zur Re-Investition geparkten Geldern?
Der Mann argumentierte, dass die für (Re-)investionen in andere Unternehmen geparkten Gelder nicht in die Aufteilungsmasse einzubeziehen sind. Hierfür hätte er nach Ansicht der Gerichte eine konkrete unternehmerische Widmung nachweisen müssen. Dies ist ihm aber nicht gelungen. Die geparkten Gelder waren zum Aufteilungsstichtag noch keinem bestimmten Unternehmen zugeordnet. Das Beweisverfahren hatte ergeben, dass der Mann entweder in ein anderes Unternehmen oder in ein Bauherrn-Modell (was er selbst als reine Wertanlage qualifizierte) investieren wollte. Dies verstand das Rekursgericht so, dass der Mann zwar Investitionen in „Unternehmen“ ins Auge gefasst, aber noch nicht festgelegt hatte, ob diese reine Wertanlagen oder unternehmerische Beteiligungen sein sollten. Für eine Ausnahme von der Aufteilungsmasse fehlte der konkrete Unternehmensbezug.
Business Angel als stiller Gesellschafter – unternehmerische Tätigkeit?
Der Mann hatte sich im Jahr 2011 mit € 50.000,00 als stiller Gesellschafter an einer GmbH beteiligt. Er fungierte dort als „Business Angel“, der sich finanziell beteiligte und die Gründer mit Know-how und Kontakten unterstützte. In das operative Geschäft war er nicht involviert und hatte auch kein Mitsprachrecht. Dies qualifizierten die Gerichte nicht als unternehmerische Tätigkeit.
Fazit für die Praxis
Die Entscheidung 1 Ob 81/25f bestätigt, dass der Erlös aus dem Verkauf eines Unternehmens oder Unternehmensanteilen grundsätzlich in die Aufteilungsmasse fällt. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn eine konkrete und nachweisbare unternehmerische Re-Investition vorliegt. Bloße Absichten oder unverbindliche Pläne reichen nicht aus, um den Verkaufserlös dem Aufteilungsverfahren zu entziehen. Auch eine stille Beteiligung ohne operative Einflussmöglichkeiten wird nicht als unternehmerische Tätigkeit anerkannt.
Für die Praxis bedeutet das: Wer Verkaufserlöse im Scheidungsfall vor der Aufteilung schützen möchte, muss eine klare, belegbare und bereits konkretisierte unternehmerische Widmung nachweisen können.
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