Skip to main content
ErbrechtGesetzliches Erbrecht

Kein Kontakt zum Kind & Erbrecht

Passend zu Allerheiligen und Allerseelen ein erbrechtliches Thema. Der Beitrag widmet sich der Frage:

 

Welche erbrechtlichen Konsequenzen haben Kontaktabbrüche zwischen Eltern und Kindern?

Damit es nicht gar so abstrakt wird, ein selbstverständlich frei erfundener Beispielsfall: Als Franz acht Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden. Franz wuchs bei seiner Mutter auf. Der Vater zahlte Alimente und schickte Franz zum Geburtstag und zu Weihnachten Glückwunschkarten und Geld. Als Franz ungefähr 14 Jahre alt war, stellte der Vater die Geldgeschenke ein. Franz ist mittlerweile knapp über fünfzig Jahre alt, sein Vater knapp über achtzig. Seit der Scheidung seiner Eltern hatte Franz keinen persönlichen Kontakt zu seinem Vater. Warum das so kam, weiß Franz nicht.

 

Welche erbrechtlichen Folgen hat das für das Kind?

Nach derzeit geltender Rechtslage (§ 776 ABGB) kann der Verfügende den Pflichtteil letztwillig mindern, wenn er und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit oder zumindest über einen längeren Zeitraum vor dem Tod des Verfügenden nicht in einem Naheverhältnis standen, wie es zwischen solchen Familienangehörigen gewöhnlich besteht.

 

Fehlendes Naheverhältnis – Entfremdung

Zentrale Voraussetzung ist also das fehlende Naheverhältnis, das zu einer Entfremdung geführt haben muss. Es darf also nicht einmal ein Mindestmaß an menschlichem Kontakt gegeben haben und zwar überhaupt nie oder über einen längeren Zeitraum hinweg. Unterhaltszahlungen allein begründen kein Naheverhältnis.

 

Wie lange ist ein längerer Zeitraum?

Die Gesetzesmaterialen nehmen zwanzig Jahre an. In der Literatur wird auch eine Frist von 10 Jahren als ausreichend erachtet, da die geforderte tiefgreifende Entfremdung nach dieser Zeitspanne schon eingetreten sei. Als Argument wird angeführt: “Jeder Elternteil möge sich selbst fragen, wie er oder sie sich fühlt, wenn es über zehn Jahre hinweg kein Lebenszeichen des Kindes, und sei es nur ein Anruf zum Geburtstag, eine Karte zu Weihnachten oder ein gelegentliches Treffen, gibt (Verweijen,  EF-Z 2017,113).

 

Macht es einen Unterschied, wer das Naheverhältnis meidet?

Ja. Die Pflichtteilsminderung ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser den Kontakt zum Pflichtteilsberechtigten grundlos gemieden oder berechtigten Anlass für den fehlenden Kontakt gegeben hat (§ 776 Abs 2 ABGB). Damit soll verhindert werden, dass der Erblasser durch sein Verhalten ein Naheverhältnis vermeidet und so die Voraussetzungen für die Pflichtteilsminderung schafft.

 

Es ist also entscheidend, warum die Kontakte nicht stattgefunden haben und wessen Verhalten letztlich dafür ursächlich war.

 

Hier drängt sich dem gelernten Familienrechtler natürlich sofort eine Frage auf:

 

Welche Rolle spielt es, wenn die hauptbetreuende Mutter den Kontakt zum Vater sabotiert hat?

Auch für derartige „Sabotagefälle“ gibt es Lösungsansätze. Selbst, wenn die Beziehung der Eltern eines Kindes schon bei dessen Geburt oder bald danach zerbrach, hatte dieses Kind spätestens bei Volljährigkeit die Möglichkeit zum Verstorbenen eine Beziehung aufzubauen

(Barth/Pesendorfer, Praxishandbuch des neuen Erbrechts, 190). Naja, wenn das im echten Leben alles so leicht wäre . . .

 

Wie erfährt, das Kind vom Tod des Elternteils?

Eine Pflichtteilsminderung muss in einer letztwilligen Verfügung angeordnet sein. Das Kind wird also vom Notar verständigt. Hat der Vater nichts angeordnet, ist der Notar auf die Angaben der Hinterbliebenen angewiesen. In unserem Beispielsfall hat der Vater von Franz wieder geheiratet und mit dieser Frau zwei Kinder bekommen. Franz macht sich nun Sorgen, dass er vom Tod seines Vaters gar nichts erfährt, weil man seine Existenz ganz einfach verschweigt. Was natürlich höchst ungeschickt wäre, aber man muss auch immer den schlechtesten Fall bedenken.

 

Registerauszug Tod

Wer derartiges fürchtet, kann beim Standesamt einen Registerauszug Tod (früher: „Abschrift aus dem Sterbebuch“) einholen.

Das Recht auf einen Registerauszug Tod ist auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt. Soweit kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Personen, auf die sich die Eintragung bezieht, entgegensteht, können einen Registerauszug Tod verlangen:

  • Ehepartnerin/Ehepartner, eingetragene Partnerin/Eingetragener Partner, Vorfahren und Nachkommen der Verstorbenen/des Verstorbenen
  • Personen, die ein rechtliches Interesse daran glaubhaft machen

 

Der Registerauszug Tod kann persönlich einholt oder schriftlich beantragt werden.

 

Was Sie noch interessieren könnte: