Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Ehepartner in seine Karriere investiert? Was geschieht, wenn sich ein Partner in eine Anwaltskanzlei, Steuerberatungsgesellschaft, Arztpraxis einkauft oder ein Unternehmen gründet und hierfür eheliche Ersparnisse benützt? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 113/23h).
Die Ehefrau kauft sich in ein Unternehmen ein.
Die Ehe wurde aus beiderseitigem Verschulden geschieden, der Aufteilungsschlüssel 1:1 war zwischen den Ehepartnern unstrittig. Aufzuteilen ist eine Ehewohnung, die der Frau zukommen soll und eine Segelyacht, die der Mann bekommt. Zwei Jahre vor Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwarb die Frau um € 162.750 Anteile an jener Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, bei der sie bereits angestellt war, um sich „als Partnerin einzukaufen“.
Unterliegen die erworbenen Unternehmensanteile der Aufteilung?
Die ersten beiden Instanzen meinten, die von der Frau erworbenen Anteile an der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft unterlägen nicht der Aufteilung, weil es sich dabei um keine Vermögensanlage handle.
Auch der OGH meinte, der Anteilserwerb der Frau an der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft könne nicht anders behandelt werden als die Einbringung von ehelichem Vermögen in ein Einzelunternehmen oder in eine unternehmerisch tätige Gesellschaft. Das für Unternehmenszwecke aufgewendete Vermögen ist von der Aufteilung ausgenommen. Die von der Ehefrau erworbenen Anteile unterliegen also nicht der Aufteilung.
Gibt es einen Benachteiligungsausgleich für derartige Vermögensverschiebungen?
Diese Frage stellte sich auch der OGH. Als gesetzliche Grundlage für die Beantwortung dieser Entscheidung zog das Höchstgericht § 91 Abs 2 EheG heran. Danach ist eheliches Vermögen, dass in ein Unternehmen eines Ehegatten eingebracht wird oder für ein solches verwendet wird, wertmäßig in die Aufteilung einzubeziehen.
Dies bedeutet: jener Nachteil, der dem nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten durch die Vermögensverschiebung entstand, soll durch einen größeren Anteil an den aufzuteilenden Vermögenswerten ausgeglichen werden. Allenfalls ist ihm eine höhere Ausgleichszahlung zuzuerkennen.
Benachteiligungsausgleich nach Billigkeitsgesichtspunkten
Der nach § 91 Abs 2 EheG vorzunehmende Vermögensausgleich ist nach Billigkeitsgesichtspunkten vorzunehmen. Dabei ist zu berücksichtigen, ob dem nicht unternehmerisch tätigen Ehegatten durch die Investitionen seines Partners auch Vorteile entstanden sind.
Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob die Frau ihre Unternehmensbeteiligung aus ihrem unselbständigen Einkommen oder aus Unternehmensgewinnen finanziert hat.
Da die Feststellung diesbezüglich unvollständig war, hat der OGH die Entscheidungen der Vorinstanzen zur weiteren Erörterung aufgehoben, das Verfahren wird fortgesetzt und die Höhe der Ausgleichzahlung nach Ergänzung der Entscheidungsgrundlagen neu bemessen.
Frau investiert in Karriere
Diese Entscheidung ist nicht nur fachlich interessant, sondern auch deshalb, weil die Ehefrau in ihre Karriere investierte. Dies ist auch heute noch nicht selbstverständlich. Daran erinnert uns jährlich am 8. März der Weltfrauentag.
Die erste weibliche Anwältin war übriges die Wienerin Dr. Marianne Beth, die im Jahr 1929 angelobt wurde. Im Jahr 1973 gab es erstmals 100 Anwältinnen. Ende 2023 gab es in Österreich 1.758 Rechtsanwältinnen und 5.210 Rechtsanwälte, was einen Frauenanteil von 25,2 % ergibt.
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